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Sportarena und Berufsschule | Eisenach

Sportarena und Berufsschule Umbau und Neubau

Wettbewerb

Kenndaten
Bauherr
Stadt Eisenach
 
Wettbewerbsbeitrag
2018
Entwurfsidee und Leitgedanke
Arena-Vision-Eisenach - dynamischer Tribünenkessel im ehemaligen O1 Gebäude. Fließende und abwechslungsreiche Räume, Passagen und Flure vereinen Arena, Schulsport und BSZ unter einem Dach. Ein Neubau für das BSZ stärkt den Standort und setzt Impulse für die künftige Entwicklung.
Architektonische, freiraumplanerische und städtebauliche Qualität

Die neue Ballsportarena Eisenach greift sowohl die historischen Standortwerte als auch die denkmalgeschützte Bauqualität des O1 Gebäudes auf und entwickelt diese mit einer dynamischen und zeitgemäßen Architektur weiter. Durch die Realisierung eines Neubaus für einen Teil der Berufsschule werden Impulse der künftigen Standortentwicklung sichtbar. Neu zu definierende städtebauliche Kanten der westlich angrenzenden Grundstücke schärfen die architektonische und städtebauliche Qualität, stärken den Vorplatz zur Arena und vernetzen die Liegenschaft über Brücken, Straßen und der Hörsel mit dem unmittelbaren städtischen Umfeld. Neue Wege, integrierte Hochwasserschutzanlagen im nördlichen Freiraum und die Aktvierung vorhandener Erschließungen attraktiveren den Standort für die Eisenacher und darüber hinaus mit überregionaler Bedeutung.

Der historische Gebäudebestand steht für einen Zeitgeist des Aufbruchs, Technisierung und Fortschritt. Die architektonische Umgestaltung des O1 Gebäudes unterstreicht diese gesellschaftlich aktuellen Themen und schreibt die kulturellen Wurzeln der Standortgeschichte fort. Die Klinkerfassaden des O1 Gebäudes werden zu diesem Zweck vollständig wiederhergestellt. Außen- und innenliegende Treppenhäuser werden abgebrochen. So entsteht die Basis für einen homogenen denkmalgerechten Grundkörper. Die dynamische Ausformulierung der 4 seitigen Tribünenanlage in der Arena spiegelt sich im neuen, hellen, trapezförmigen Hallendach wider. Die bestehenden Traufhöhen der ehemaligen Satteldächer werden umlaufend gehalten und an das neue sich herausstellende Stahldachtragwerk geführt. So wird der vorhandene unverwechselbare Charakter des Gebäudes gestärkt und durch ein kraftvolles Dachvolumen mit Fernwirkung ergänzt. Bewehrtes entwickelt sich so zu neuen Architekturmotiven und Raumerlebnissen weiter.

Im Osten entsteht ein attraktiver Freiraum für die neue Berufsschule, den Nutzern der ehemaligen Kantine und Schulsportlern. Hier wird gezielt Freiraum mit heimischer Intimität und freier Sicht zur Hörsel geschaffen. Die Arena und der Neubau der Berufsschule sind durch eine Passerelle als Säulengang miteinander verbunden. So entsteht ein allseitig gefasster Freiraum mit witterungsgeschütztem Übergang zwischen Alt- und Neubau. Die tief in das Grundstück greifende Hochwasserschutzmauer ist hier ca. 60 cm hoch und bildet auch bei Hochwasser eine Sitzkante. Die freiräumliche Achse, ausgehend von der Nordfassade des ehemaligen Kantinengebäudes, wird die Böschung hinab mit Sitzlinien und Uferbänken über die Hörsel auf die andere Uferseite geführt. So kann bei Niedrigwasser ein neuer Gastronomiestandort mit Südausrichtung durch den Fluss erreicht werden.

Für die ÖPNV Anbindung wird südwestlich des Torhauses eine neue Bushaltestelle eingerichtet. Damit ist sichergestellt, dass das Torhaus auch weiterhin als Entree zur Liegenschaft passiert wird und so spannungsvolle Raumfolgen aus Enge und Weite entstehen und sich der Blick auf den Vorplatz, die Arena und das Museum öffnet. Fahrradstellplätze werden an allen Gebäudezugängen für die unterschiedlichen Nutzergruppen angeboten. Aus Gründen des Schallschutzes werden der überwiegende Teil der erforderlichen Stellplätze in der neuen Tiefgarage im Untergeschoss des O1 angeboten.

Die Freiraumgestaltung des Vorplatzes folgt dem dynamischen Innenraumkonzept. Der mit großformatigen Betonplatten belegte Vorplatz ist von Linien mit Kleinsteinpflaster aus dem örtlichen Bestandmaterial durchzogen. Lockere Baumstellungen und Bänke stärken diese Linien, filtern Besucherströme und differenzieren den Platz für Freiraumnutzungen durch Nachbarn und Hallengäste. Der Ticketverkauf mit angrenzender Gastronomie bietet auch im Außenbereich Nutzungspotenziale mit Sitzplätzen im Freien und unter dem Vordach.
Arena

Zentrales funktionales und architektonisches Element der Ballsporthalle ist die 4-seitig umlaufende Tribünenanlage. Mit dem Ziel eine stimmungsgeladene Atmosphäre bei Heimspielen zu fördern sind die Tribünen kreisrund und kesselförmig mit maximaler Steigung entworfen. Unter Beachtung optimaler Sichtlinien und bestehender Geschosshöhen können 12 feste Tribünenreihen an der Nord- und Südseite vom EG zum 1. OG realisiert werden. An den Längsseiten sind es 13 Reihen, da hier die mobilen Tribünen einen Wechsel der Sitzposition von der Vorder- zur Hinterkante vorsehen. Um auch das 2. OG fließend in die Tribünenanlage einzubinden, steigen die Nord- und Osttribünen weiter bis zur 24. Tribünenreihe an. So entsteht ein trapezförmiger und formschöner Tribünenkessel mit besonderer Identität. Im 2. OG enden die Tribünen auf dem VIP-Plateau an der Gebäudeostseite. Gegenüber und im Süden wird der zentrale Hallenraum über zwei Geschosse, ca. 8m hoch, wahrnehmbar und der spannungsgeladene Arenaraum in seiner Wirkung weiter betont.

Mit der Gestaltungsidee der Tribünenanlagen werden die bestehende Tragkonstruktion des O1 Gebäudes und der neue Innenraum auf besondere Weise miteinander verwoben. Insgesamt bietet die Arena 4.007 Zuschauern Platz. Die dynamische Tribünengeometrie findet sich als Gegenstück in der Dachkonstruktion wieder. An der Oberseite ist diese 2% geneigt -  an der Unterseite der Fachwerkbinder entsteht eine planare Ebene.

Das zentrale Gestaltungselement der dynamischen Trapezform wird im Innenraum konsequent fortgesetzt. Dies wird auch bei allen Treppenhäusern deutlich. Wahlweise sind diese mit Aufzügen, Lüftungsschächten und ELT-Räumen kombiniert und so in den Arenaraum gestellt, dass Sie die Sichtlinien von keinem Besucherplatz einschränken. Arena-Besucher gelangen über das Foyer an der Westseite in den umlaufenden abwechslungsreichen Hallenumgang im EG. Hier findet die Ticketkontrolle statt. Der Counter ist mit rückwärtigen Vereinslagern versehen, die auch als Back-Office künftig funktionieren können. Der Hallenumgang im EG ist einerseits von der schrägen Tribünenunterseite und andererseits von sich ändernden dynamischen Flurwänden geprägt. Es entsteht eine lebendige Passage Garderoben, Besucher-WCs, Snack-Points und Fan-Shop. Vom Hallenumgang im EG gelangt der Besucher an allen 4 Spielfeldseiten oder über die Treppenhäuser in das 1. OG zu den Sitzplätzen. Das gesamte Gebäude ist rollstuhlgerecht und barrierefrei. An der Westseite sind im EG die sportinternen Nutzungen wie Umkleiden und Lagerräume untergebracht, sodass im Eventbetrieb keine Vermischung mit Besuchern erfolgt. Der Gymnastikraum ist auf sehr kurzem Wege vom Hallenspielfeld und den Umkleiden erreichbar. Mittig besteht eine direkte Verbindung ausgewählter Lager zum Spielfeld. Auch im 3- Feldbetrieb können so je Spielfeld ohne Störung der anderen Spielfelder Lagerräume erreicht werden. Dies ist für einen reibungslosen Schulsport- und Mehrfeldbetrieb von Vorteil. Von den acht Umkleiden können jeweils zwei zu einer großen mit gemeinsamem Sanitärkern über Schiebewände zusammengefasst werden. So sind auch die Bundesligaanforderungen für Heim- und Gastmannschaft sichergestellt.

Der Hallenumgang hinter den Tribünen wird im 1. OG fortgeführt. Hier treten die Besucher an der Süd- und Westseite direkt an die Fassade heran mit Sichtbeziehungen zum Spielfeld, zum Vorplatz und zur weit entfernten Wartburg. Auf dem Hallenumgang sind umlaufend Standorte für mobile Snackpoints und Merchandising möglich. An der Südostseite sind weitere Lager und Besucher-WC-Anlagen sowie eine permanenter Snack-Point mit Tischbereichen vorgesehen. Im internen Bereich des 1. OG sind der Hallenkoordinator und die Vereinsbüros des THSV untergebracht. Die oberen Geschossabschluss in der Arena bildet die VIP-/ Konferenzebene in Verbindung mit dem Multifunktionsraum. Die Tribünen gehen hier fließend in Plateaus und Flurbereiche über, sodass unterschiedliche Raumeindrücke zum Spielfeld und den dahinterliegenden Räumen entstehen. Hier können auch Einzellogen mit Balkon zum Spielfeld vermarktet werden. Der VIP Bereich sieht einen geschlossenen und teilbaren Raum mit Anbindung zur Ausgabeküche sowie offene gastronomisch versorgte Sitzbereiche in den Fluren vor. Der Presseraum grenzt unmittelbar an die Tribünen an, sodass die Sportler  nach dem Spiel über die Tribünen – hautnah mit Besucherkontakt – zur Pressekonferenz gelangen. So sind auch die VIPs außergewöhnlich nah an den Spielern dran. Der Multifunktionsraum ist teilbar gestaltet und kann mit dem Presseraum verbunden werden.

Tiefgarage

Im Untergeschoss befinden sich die Tiefgarage, Technik- und Lagerflächen. Das Parkkonzept sieht einen Einbahnverkehr für einen reibungslosen Betrieb vor. Die Durchfahrtshöhe beträgt 1,90m.  Die vorhandene Stützenstruktur von 5,5m x 7,0m ermöglicht großzügige PKW-Stellplätze. Rückwärtig führen sichere Fußwegbereiche zu den Treppenhäusern. Die Tiefgarage ist in zwei Brandabschnitte mit Schiebtoranlagen geteilt und natürlich entraucht. Im Zufahrtbereich ergänzt ein Müllraum das Raumprogramm. Außengerätelager im UG und die Werkstatt im EG sind über das Treppenhaus 3 mit einander verbunden. Der Mülltransport erfolgt über die Rampen. Der Gebäudetechnikriegel im Untergeschoss wird als Raum-in Raum-Lösung in WU-Beton druckwasserdicht ausgeführt. Über den Technikriegel können in Längs- und Querrichtung die vertikalen Schächte gezielt erreicht werden.

Berufsschule

Mit dem Ziel effizienter innenräumlicher Nutzungsfolgen und der Realisierung eines Neubaus für einen Berufsschulteil sind die praxisorientierten und stark spezifischen Berufsschulfunktionen aus der Arena ausgegliedert. Der theoretische Funktionsteil der Berufsschule mit allen Klassenräumen hingehen ist vollständig in die Arena auf der Nordseite integriert, da diese Räume eine erhöhte Drittverwertung und einfache Anpassungsfähigkeit der Bausubstanz ermöglichen. Die charakteristischen runden Trapezformen der Innenräume der Arena werden im Neubau der Berufsschule fortgeführt. Berufsschüler pendeln zwischen den Klassenräumen im O1 Gebäude und den Praxisräumen im Neubau. So entsteht eine Bewegungsdynamik, welche den Freiraum gezielt mit einbindet und das Berufsschulleben physiologisch und geistig fördert. Die funktionale Identität des gläsernen Neubaus bildet das über zwei Geschosse durchgesteckte kommunikative Zentrum bestehend aus „gläserner Werkstatt“, Besprechungsraum, Kunst- und Musikraum. Um diesen Kern sind umlaufend Flure angeordnet, welche den inneren und äußeren Nutzungsring erschließen und öffentliche Bereiche für Warten und Kopieren aufnehmen. Dieser Flur zeichnet sich im Dach als Lichtband ab und versorgt die innenliegenden Räume mit Licht und Luft.

Wirtschaftlichkeit und Technik

Für einen wirtschaftlichen Projekterfolg der Spezialimmobilie Sportarena sind vor allem ein dauerhafter Wochentagesbetrieb und ein gewinnorientierter, flexibler, effizienter und vielschichtiger Wochenendbetrieb von entscheidender Bedeutung. Dazu werden alle zur Verfügung stehenden Bestandsflächen des O1 aktiviert und einer Nutzung zugeführt. Architektur und Nutzerqualität müssen dafür im hohen Maße attraktiv und flexibel sein. Sollten die in der Arena angebotenen Flächen für die Berufsschule nicht von dieser genutzt werden, können in den nördlichen Achsen des O1-Gebäudes über drei Etagen Drittnutzer wie z.B. ein Fitnessstudio, eine 4-Bahnen-Kegel-/ Bowling-Anlage, Squashcourts, Badmintonplätze, Tischtennis, Wellness in Verbindung mit Schwimmbeckenanlagen, eine Physiotherapie und weitere sportaffine Nutzungen eingebaut werden. Auch eine vollständig getrennte Nutzung der Sportarenafunktionen und Drittnutzungen/ Berufsschulzentrum sind möglich und berücksichtigen die Realisierung in Bauabschnitten.

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