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Kombibad Herzogenried | Mannheim

Neubau Kombibad

Wettbewerb

Kenndaten
Auslober
Stadt Mannheim
 
Wettbewerbsbeitrag
2019
 
Gegenstand des Wettbewerbs

Ziel des architektonischen und landschaftsplanerischen Realisierungswettbewerbs ist es, auf dem Gelände des Herzogenried-Freibades unter Einbeziehung der vorhandenen Qualitäten das „Kombibad Herzogenried“ zu entwickeln. Dabei soll sowohl dem Anspruch der Stadt Mannheim hinsichtlich des energetischen und ökologischen Standards als auch des identitätsstiftenden Ausdrucks mittels Baukultur entsprochen werden.

Städtebau und Freianlagen

Übergeordnet nimmt der Entwurf auf Makro- und Mikroebene in besonderer Weise Bezug auf den Grünzug Nord. Das Bad hat dabei zum Ziel nicht nur die Badfunktion als solches neu zu attraktiveren, sondern auch für die bestehende Umgebungsbebauung klimatisch und freiräumlich einen besonderen Beitrag durch begrünte Dächer und Fassaden zu leisten, um Flora und Fauna am Standort zu schützen und zu stärken.

Städtebaulich schließt das neue Hallenbad die Fuge zum öffentlichen Raum Richtung der zentralen Erschließungsachse im Westen, den Kindergärten im Süden und dem Filtergebäude im Osten mit angrenzendem DLRG Gebäude und der GBG Sporthalle. Über die Außenanlagen des Freibades hinweg öffnet sich das neue Hallenbad in Richtung Multihalle und stärkt diese innere Beziehung. Die geschlossene und klare Abgrenzung zur südlichen Wohnbebauung unterstreicht das städtebauliche Gelenk zwischen Messeplatz, Arena und Auftakt in den Herzogenriedpark.

Der neue zentrale Haupteingang zum Schwimmbad liegt direkt an der übergeordneten stadträumlichen Achse zum Zentrum Mannheims und bildet gleichzeitig den Auftakt zum „Grünzug Nord“. Das Foyer mit seiner 2-geschossigen Glasfassade wirkt dabei als transparenter Filter zwischen dem neugestalteten Vorplatz, dem neuen Hallenbad und dem dahinterliegenden Freibad. Mit dem überhöhten Foyer wird die städtebauliche Wahrnehmung trotz der reliefartigen Absenkung vom Parkplatz zum Schwimmbad gestärkt und stadträumlich entlang der Achse Max-Joseph-Straße wahrgenommen.

Im Osten verfügt das Bad über einen Nebeneingang zum bestehenden Vorplatz der GBG Sporthalle und dem DLRG Gebäude. Dieser Eingang dient als Zugang für Sportler, Vereine und z.B. Frühschwimmer. Über den Haupteingang im Westen erfolgt auch der neue Zugang zum Freibad sowie die Sicherstellung der Anlieferung für die zentrale Gastronomie und dessen Ver- und Entsorgung. Alle weiteren bestehenden technischen Zufahrten werden wie im Bestand vorhanden belassen.

Die Freianlagen rund um den Badehallenneubau unterstreichen die zentrale Entwurfsidee der trapezförmigen begrünten Dach- und Wandfaltungen des Neubaus. Der vorhandene Baumbestand wird aufgegriffen und mit Sitzinseln auf dem Vorplatz sowie im Bereich des Nebeneingangs gestärkt. Diese trapezförmigen Inseln werden mit neuen Nutzungsmotiven als Freirauminseln im Freibadgelände fortgeführt. Eine dem 50m Becken entnommene Textur durchzieht die neuen Plätze, Vorbereiche und inneren Freibereiche und bildet den Rahmen für Fahrradstellplätze, Sitzbänke und Heckenpflanzungen für eine abwechslungsreiche und strukturierte Freiraumgestaltung mit erhöhter Aufenthaltsqualität. Aller erforderlichen Stellplätze werden über die bestehen Stellflächen nachgewiesen.

Architektur, Gestaltung und Einfügung in die Umgebung

Entwurfsidee ist die Schaffung eines Badehallenvolumens durch abwechslungsreiche Faltungen mit begrünten Wänden und Dächern, welche die intime innere Atmosphäre des Bades wahrt und gleichzeitig eine lebendige und freundliche Architektur erzeugt. Die blickdichten begrünten Fassaden und Dächer im Süden und Osten stehen der transparenten Badehalle zum Freibadgelände mit angrenzender Multihalle von Frei Otto und den großzügigen Wiesen des Freibades im Norden gegenüber. So partizipieren das Frei- und Hallenbad von der innen- und außenräumlichen Qualität voneinander ohne sich räumlich gegeneinander abzugrenzen. Durch die Faltung entstehen trapezförmige Höfe, Plätze und Dachbereiche. In den Höfen können die optionalen Funktionen: Rutschen und Außenschwimmbecken auch später ergänzt werden ohne, dass es dem Gebäudekonzept schadet. In der Zwischenzeit kann der aktuelle Baumbestand weiter erhalten werden.

Vom bestehenden Parkplatz aus falten sich zwei neue geneigte Ebenen zum neuen Hauptzugang. So gelangen alle Besucher barrierefrei auf den neuen Vorplatz und von hier aus direkt in das Foyer zum Hallenbad oder über die neuen zentralen Umkleiden zum Freibad. Dabei wirkt das neue Sanitärgebäude als Portal und Entree zum Freibad. Unmittelbar nach dem Durchschreiten des eingeschossigen Holzbaus können alle Bereiche des Freibades bis in die Tiefe der Freibadlandschaft und die Wasserflächen des Hallenbades eingesehen werden. Damit wird der fließende Übergang zwischen Freibad und Hallenbad gestärkt.

Zum Hallenbad gelangt der Besucher über den Windfang, indem auch die Doppelkassenfunktion für das Freibad untergebracht ist, in das neue Foyer. Vom zentralen Empfangstresen aus sind alle Funktionen der Lobby übersichtlich angeordnet und schnell erreichbar. Treppen und Aufzüge verbinden UG, EG und OG. Durch ein großes Schaufenster wird der Blick zur Badehalle freigestellt und zeigt dem Besucher die lebendige Badewelt. Das Foyer ist durchzogen von Sitzplätzen der Gastronomie und kleineren Aufenthaltsbereichen sowie den Shopvitrinen und einer Spindeltreppe zum OG für das Badepersonal. Das große Schaufenster zur Badehalle wird von einem 2-geschossigen nahezu quadratischen Baukörper für die Verwaltung und Gastronomie und dem 1-geschossigem/ teilweise 2-geschossigem Umkleideriegel gerahmt. Auftakt des Umkleideriegels für die Badehalle bilden dabei der Empfang mit seinen Nebenfunktion. Die Gastronomie- und der Empfangstresen sind in die raumprägenden Volumina eingeschnitten und setzen sich farblich und materiell ab.

Das gesamte Bad ist nach technischen Erdordernissen unterkellert. Rettungswegtreppen für das Betriebspersonal führen an den Außenwänden des Kellergeschosses nach oben.

Der Umkleideriegel folgt der inneren Logik vom Stiefelgang über die Umkleiden zum Barfussbereich in die Nass- und Sanitärzellen zur Badehalle und stellt sich nach innen als Sichtbetonwandscheibe mit Nischen für Handtücher, Sitzbänken und Ablagen dar. Nach außen zeichnet sich der Umkleideriegel mit seiner Holzverschalung deutlich ab und steckt formal in den begrünten Dach- und Wandfalten der Großform. Beim Verlassen der Badehalle funktioniert der Umkleideriegel abermals als Filter. Im Stiefelgang finden die Badegäste Fön- und Schminkbereiche. Fensterbänder und schuppenartige Dachfensterbänder i.V.m. mit Lichtkuppeln bringen Tageslicht in diese funktionalen Bereiche. Die Decken des Umkleideriegels und der Badehalle sind mit Holzlamellen verkleidet, welche der Faltung des großen Gründaches folgen und sich bis zu den auskragenden Dächern der Badehalle nach außen ziehen. Sichtbare Holzleimbinder mit verdeckten Querbalken und Stahlstützen bilden das zentrale Hallentragwerk. Ein Oberlichtband über dem Umkleideriegel unterstützt das räumliche Verschmelzen der Badehalle mit dem Umkleideriegel und versorgt alle Zonen mit Tageslicht.

Die Innenraumgestaltung folgt dem Auslobungsziel einer kompakten Bauform mit hoher Aufenthaltsqualität auf den Beckenumgangsflächen. Differenzierte innenräumliche und außenräumliche Blickbeziehungen mit wichtigen architektonisch Elementen, gestalten die große Badehalle. So kennzeichnet eine Spindeltreppe den Aufstieg zum Rutschenturm und gewährt den Nutzern einen Blick in die gesamte Badehalle mit zunehmender Höhe auf das Gründach und in den Herzogenriedpark. Das Erlebnisbecken erhält einen hängenden Wasserfall in Richtung 50m Becken sowie das gläserne Dampfbad als räumliche Trennung zum Sprayer-Park und Kleinkinderbecken. Eine riesige Wolke aus abstrahierten Pusteblumen über dem Kinderbecken dient zusammen mit dem Dampfbad als Projektionsfläche für den Beamer. So ist die Nutzung für Kinder und auch für Erwachsene in den Abendstunden sehr abwechslungsreich und je nach Nutzergruppe und Tageszeit aufregend oder entspannend vielfältig. Farbige Akzente in Blau, Pflaume und landschaftliche Motive in der Sichtbetonwand sorgen für eine erlebnisreiche Badgestaltung. Dunkle Böden stehen der natürlichen Holzdecke gegenüber.

Funktionale Anordnung

Die Badelandschaft ist funktionell klar in die Bereiche Sport- und Lernschwimmbereiche sowie Familienbadbereich getrennt. Alle innerbetrieblichen Bereiche sind von den Nutzungen für die Badegäste getrennt. Erforderliche Technikflächen werden im Wesentlichen im Untergeschoss und punktuell im Erd- und Obergeschoss nachgewiesen.

Die im Innenraum für die Rutschen vorgerüsteten Flächen können inzwischen als Liegeflächen genutzt werden. Die Badehalle ist zur späteren Aufnahme der Rutschen vollständig räumlich vorzurüsten, um spätere Anbauten zu vermeiden.

Nutzungsqualität – Alltagstauglichkeit

Neben der Erfüllung des Raumprogramms steht die räumliche Trennung der Badbereiche des Sport- und Familienschwimmbades im Vordergrund. So können unterschiedliche Nutzergruppen: Vereine, Sportler, Freizeitschwimmer und Familien ungestört von- und miteinander die Badnutzung genießen. Der Sport- Lehrschwimmbereich setzt dabei auf eine übersichtliche und effiziente Gestaltung mit Aufenthaltsflächen für Eltern und Begleitende von Kursteilnehmern.

Der Familienbereich setzt auf eine abwechslungsreiche Erlebnisgestaltung für Spannung, Spaß & Action sowie Wellness. Die Wasserflächen gruppieren sich dabei beginnend bei der zentralen Gastronomie mit dem Kleinkindbereich über die Nichtschwimmerbereichen hin zu den Schwimmerbereichen. Zentrum der Wasserlandschaft bildet das große Nichtschwimmer-Erlebnisbecken. Hier grenzen das Dampfbad mit Whirlpool ergänzt um ein Abkühlbecken an. Der eher laute Rutschen- und Eventbereich mit Sprungturm, Kletterwand und Breitwasser- und Röhrenrutsche(n) ist im Norden Richtung Freibad zur den dortigen Eventbereichen angeordnet. Als Rutschenthemen werden eine Familien- und eine Loopingrutsche vorgeschlagen, um für viele Besucher mit und ohne Nervenkitzel interessant zu sein.

Wirtschaftlichkeit, energieeffizientes und klimagerechtes Bauen

Der Entwurf setzt mit seiner städtebaulichen Einfügung und kompakten Bauform auf einen max. ressourcenschonenden Umgang vorhandener baulicher, technischer und freiräumlicher Ressourcen indem bestehende Gebäude, Parkplätze, Wegebeziehungen und Grünraumpotenziale genutzt werden, statt diese vollkommen zu überformen. So werden lediglich das alte Freibadgebäude mit Empfang und Umkleiden abgebrochen. Alle weiteren Bauwerke werden erhalten. Der Gebäudefußabdruck des Neubaus nutzt im Wesentlichen das Baufeld des abgebrochenen Gebäudes. Schützenswerte Bäume werden weitestgehend erhalten.

Die kompakte Bauform entsteht in der Fläche durch Einhaltung notwendiger Beckenumgänge. So entsteht eine wirtschaftliche BGF. In der 3. Dimension wird dieser Gedanke fortgeführt, indem überwiegend nur die erforderlichen lichten Raumhöhen die Entwurfsgrundlage bilden. So werden ideale Voraussetzungen für eine nachhaltige und betriebsoptimierte Bewirtschaftung geschaffen.

Als Energieversorgung sind sowohl die Nutzung von Fernwärme als auch ein BHKW denkbar. Dies ist im Konkreten durch eine Wirtschaftlichkeits- und Lebenszykluskostenberechnung nachzuweisen.

Stadträumlich sind Öffnungen der Fassaden nach Süden nur bedingt möglich. Schuppenartige Dachfenster und ein Glasdach erhöhen den Tageslichteinfall in die Badehalle. Kompensation der energetischen Verluste über die Fassade werden durch eine 3-Scheiben Verglasung, eine dichte Gebäudehülle und effiziente Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sichergestellt. Auf dem Dach des Umkleideriegels können PV-Module zur ergänzenden Stromerzeugung aufgestellt werden um einen Teil des ständigen Strombedarfs für das Schwimmbad zu decken. Die Prüfung energetischer Synergien zwischen Schwimmbad- und Lüftungstechnik ist im weiteren Entwurfsprozess in Abhängigkeit von Becken- und Raumtemperatur zu prüfen, ebenso die technischen Brandschutzmaßnahmen. Als Beleuchtung wird generell eine tageslichtabhängige LED Beleuchtung mit verschieden Kunstlichtszenarien vorausgesetzt. Als Baustoffe kommen vornehmlich nachhaltige und korrosionsbeständige Baustoffe: mineralische Baustoffe, Holz, Gründächer, Natursteinfliesen, Aluminium, Glas und Stahl mit dem Ziel einer optimierten Gebäudeökobilanzierung zum Einsatz.

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