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Mehrzweckhalle Lodererplatz | Erding

Neubau Mehrzweckhalle

Wettbewerb

Kenndaten
Auslober
Große Kreisstadt Erding
 
Wettbewerbsbeitrag
2019
 
Leistungen
Wettbewerb mit UParchitecture, Stuttgart 
 
Preis
Anerkennung
Anlass und Ziel des Wettbewerbes

Die Stadt Erding plant den Neubau einer Mehrweckhalle für bis zu 1.640 Personen, die hauptsächlich für den Sport genutzt werden soll sowie die Mensa-Versorgung der angrenzenden Mittelschule, die auch für Veranstaltungsnutzungen in der Mehrzweckhalle zur Verfügung stehen soll. Realisierungsteil des Wettbewerbes ist das Gebäude Mehrzweckhalle mit Mensa. Ideenteil des Wettbewerbes ist die städtebauliche Freiraumplanung des Umgriffs.

Die Turnhalle mit drei voneinander abtrennbaren Spielfeldern soll eine feste Zuschauertribüne für ca. 780 Zuschauer erhalten. Neben der Sportnutzung sollen größere Veranstaltungen mit bis zu 1.640 Zuschauern in der Halle stattfinden können, auf diese Größe ist die Infrastruktur auszulegen. Die Sportveranstaltungen werden vorwiegend tagsüber, insbesondere an Wochenenden und Abends stattfinden. Zudem ist die Halle für Musik- und Vortragsveranstaltungen mit elektronischer Verstärkung zu konzipieren. Die Art der Veranstaltungen wird durch die Standorteinschränkungen der Mehrzweckhalle, insbesondere der Anlieferbarkeit mitbestimmt werden. Messeveranstaltungen mit umfänglichen Aufbauten sind nicht angedacht.

Städtebau

Auf dem Baugrundstück liegt in direkter Nachbarschaft die Grund- und Mittelschule „Am Lodererplatz“ im Osten. Nördlich der neuen Mehrzweckhalle befindet sich der Parkplatz „Alter Bauhof“. Dieser soll in Zukunft durch ein Parkhaus erweitert werden. Die Umgebung im Norden besteht aus einer lockeren Mehrfamilienhausbebauung und verfügt über die letzten freien noch zu entwickelnden innerstädtischen Flächen Erdings. Im Westen schließt die Sempt das Baugrundstück ab. Über zwei Brücken wird die Innenstadt mit Altstadtkern erschlossen. Die neue Mehrzweckhalle mit Mensa bildet den Auftakt der innerstädtischen Entwicklung und soll die Innenstadt im Westen und die zu entwickelnden Flächen im Norden verbinden. Durch die Absenkung der Halle um ein Geschoss zum Gelände wird die städtebaulich wirksame Kubatur des 58,50 x 42,00 m großen Baukörpers minimiert. Die horizontale Höhenstaffelung und Gliederung der oberirdischen Gebäudeebene in einen niedrigeren Tribünenbereich und eine abgesenkte Hallenebene verringert die Traufhöhe des Gebäudes auf ca. 8,40 m. Die Positionierung des Mensabereiches orientiert sich am Neubau der Mittelschule und nimmt deren Flucht auf. Das Foyer und die Mehrzweckhalle sind um 12° zum Mensabereich abgespreizt und orientieren sich an der nördlichen Haupterschließungsachse. Die horizontale Lamellenstruktur im Dachbereich verbindet die beiden Bauteile zu einem homogenen Körper. In der Nord-West-Ecke des Baugrundstücks entwickelt sich ein kleiner öffentlicher Vorplatz zwischen Sempt und Foyer der Mehrzweckhalle, der zum Verweilen einlädt. Dieser Bereich dient auch als Transitbereich für Fußgänger und Fahrradfahrer die zwischen Innen,- und Nordstadt pendeln. Durch die Drehung der Mehrzweckhalle und der Weiterentwicklung des Nordriegels (Mittelschule – Mensa) entsteht auf der Westseite des Pausenhofes ein geschützter Schulhofbereich. Der an der Oberfläche emportauchende Baukörper dient als räumliche Trennung zwischen dem öffentlichen Platz und dem geschützten Pausenhof der Mittelschule. Das Gebäude fügt sich durch die Höhenstruktur und Positionierung nahtlos in den städtebaulichen Kontext natürlich ein.

Erschließung und Funktionalität

Durch die Überbauung der Parkplatzfläche im Süden wird die Mehrzweckhalle in Zukunft ausschließlich von Norden erschlossen. Die Fahrradstellplätze werden bewusst dezentral auf dem Grundstück an den Erschließungsknotenpunkten in ausreichender Größe platziert. Auf der Eingangsebene sind drei Eingänge angelegt: Der Schülereingang von Osten mit fußläufiger Anbindung an die Mittelschule, der Sportlereingang und der Zuschauereingang im Norden als Zugang vom Parkplatz, bzw. öffentlichem Vorplatz. In Anbindung an die Mensa erstreckt sich der Funktionsriegel mit WC´s, Kassenbereich und Hausmeisterraum. Dieser ist schon von außen ablesbar, da er von einer horizontalen vorgehängten Lamellenfassade umhüllt ist. Die Zuschauer- und Tribünenbereiche werden über das Foyer behindertengerecht angebunden. Die Spielfeldebene ist um die Höhe der Tribüne um ca. 2,3 m zur Mensaebene abgesenkt. Die festen Tribünenplätze werden von den Besuchern über das Foyer erreicht. Der Umkleidetrakt befindet sich auf Hallenebene und wird entweder über den Sportler,- VIP Eingang im Norden oder dem Schülereingang erschlossen. Von den Umkleide- und Sanitärbereichen sind drei Einzelfelder zu erreichen. Im Untergeschoss sind neben dem Sportfeld von 45 x 27 m u.a. großzügige Sportgeräteräume und Lagerräume für Stühle, VIP Bereich, Kiosk, WC´s sowie Technikräume vorgesehen. Bei Sporthallennutzung, z.B. bei einem Handballspiel, ist eine Kapazität von 780 Sitzplätzen auf der Festtribüne möglich. Bei einer Veranstaltung können durch die Belegung der Sporthallenfläche weitere 860 Sitzplätze, in der Summe insgesamt 1.640 Sitzplätze ermöglicht werden. Der barrierefreie Zugang zu allen Geschossen erfolgt über einen Personenaufzug mit einer Kabinengröße von 210 x 120 cm. Über einen Durchlader, Plattformgröße 240 x 200 cm und Tragkraft ca. 2000 kg, wird der Materialtransport der Ausbaugewerke und die Anlieferung von Geräten und Einrichtungen im Betrieb gewährleistet.

Sport- und Veranstaltungshalle

Die Glasfassade an den Längsseiten zeigt zum Sportfeld und ermöglicht tiefe Einblicke zu den innenliegenden sportlichen Aktivitäten. Eine visuelle Sichtbeziehung vom Schulhof durch die Halle zu den Bäumen an der Sempt lockert das Volumen auf und erzeugt eine offene und einladende Atmosphäre. Die Halle erhält durch die Sonnenschutzverglasung ausreichend Tageslicht, was beim Sport ein freundliches Ambiente erzeugt. Das hervorkragende Dach überspannt die Halle mittels Brettschichtholzbindern, welche mit ihrer trapezförmigen Ausbildung, das nötige Gefälle erzeugen. Die Zusammensetzung der gesamten Sporthalle kommt dem Aufbau einer klassischen Sporthalle gleich: Die Zuschauer auf den ebenerdig zugänglichen Tribünenplätzen sitzen auf Sichtbetonbänken mit hölzernen Auflagen. Aufgrund ihrer erhabenen Position und einer maximalen Transparenz haben die Zuschauer eine ausgezeichnete Sicht auf die abgesenkte Sport- bzw. Veranstaltungsfläche. Im Veranstaltungsfall kann über den Lastenaufzug bequem auf kurzen Wegen Material in die Halle transportiert werden. Eine innenliegende Verdunkelung der verglasten Längsseiten garantiert bei Events und Vorführungen kein störendes Tageslicht.

Mensa für die Mittelschule

Die Mensa ist für einen 3-Schicht Betrieb à 90 Schüler*innen ausgelegt. Als eingebundener Baukörper der Mehrzweckhalle wird die Mensa in direkter Verlängerung des Langbaus der Mittelschule positioniert. So soll die neue Mensa nach Fertigstellung gut sichtbar eine Brücke zwischen Schule und Halle schlagen, und im Alltag erlebbar sein. Der vorgelagerte südliche Freiraum wird durch die Drehung der Halle als offener Hof, Treffpunkt und Freifläche der Mensa dienen. Die zentrale Durchwegung der Mensa von Ost nach West führt die bestehenden Wege auf spielerische Art zusammen, und erlaubt es den Schüler*innen auf kurzem Wege die Hallenebene zu erschließen. Die klare Grundrissorganisation gliedert die Mensa in den Speisebereich, der zum Pausenhof geöffnet ist, und den Bereich der dienenden Räume wie die Küche, Personalräume, Lager sowie Aus- und Rückgabestation. Eine flexible Küchenplanung ist möglich, da die Räume hinter der vorgehängten Fassade mit Fenster ausgestattet sind und ausreichend mit Tageslicht versorgt werden. Während in der Halle Veranstaltungen stattfinden, kann der Mensaspeisebereich als Cateringfläche oder VIP-Bereich genutzt werden. Eine tägliche Anlieferung für die Aufwärmküche kann über den Norden erfolgen. Ein Kreuzungsverkehr zwischen LKW-Anlieferung und Schülerwege ist ausgeschlossen.

Konstruktion

Der Sporthallenneubau ist als Hybridbau konzipiert. Das Untergeschoss und die Nebenräume im Erdgeschoss sind aus vollständig kerngedämmten Betonwänden als Halbfertigteilkonstruktion ausgeführt. Das präzise ausformulierte Fugenbild der Betonflächen erklärt die Konstruktionsart aus vorfabrizierten Bauteilen. Die Stützen des Hallentragwerks sind in Stahlbeton ausgeführt. Die eigentliche Tragwerkkonstruktion besteht aus reinem Holzelementbau. Ausschlaggebend für die Wahl einer Hallenkonstruktion mit Holztragwerk ist eine Gegenüberstellung der Grobkosten und der Nachhaltigkeit. Die geringen Mehrkosten eines Holztragwerks gegenüber anderen Tragwerkkonstruktionen und die Berücksichtigung der Ökobilanz geben den Ausschlag für ein Tragwerk aus Holzelementen. Die Dachhaut wird aus einer Holzmehrschichtplatte hergestellt, die gleichzeitig die fertige Untersicht ist. Auf eine zusätzliche Sekundärkonstruktion für die Dachhaut kann dadurch verzichtet werden. Insgesamt wird eine ressourcensparende und wirtschaftlich effiziente Bauweise gewählt. Die angestrebte ruhige, optisch-homogene Wirkung von Tragwerk, Wand- und Deckenelementen sind zusätzliche Argumente pro Holztragwerk. Mit dem Brettschichtholzträger werden alle statischen Anforderungen problemlos erfüllt. Das Hallentragwerk wird soweit optimiert, dass nur noch 18 modulare Doppelträger mit einem Querschnitt von 18x210;260 cm, bei einem Achsabstand von 5m vorgesehen sind. Trennvorhänge und Leuchten verschwinden im Zwischenraum der Doppelbinder, Abhängungen von Geräten sind im eingeklappten Zustand aufgeräumt. Die lichte Hallenhöhe bis Unterkante Träger wird mit 7.00 m festgesetzt. Damit kann die geforderte freie Höhe von 7.00 m eingehalten werden.

Gestaltung

Um nicht im Grundwasser zu gründen erhebt sich der Körper 50 cm aus dem Boden. Die Ausbildung des Sockels wird in Sichtbeton erfolgen und wird rund um das Gebäude bis in das Gebäude sichtbar sein. Der Sockel vermittelt den Eindruck einer Erdverbundenheit und gibt dem ansonsten leicht wirkenden Gebäude einen Halt. Über eine terrassenartig angelegte Landschaft erreicht man das Eingangsniveau. Großzügig angelegte Rampen ermöglichen eine barrierefreie Erschließung. Der Übergang vom Ufer der Sempt bis in den Tribünenraum der Halle funktioniert spielend. Im Pausenhof wird der Sockelbereich als geschützter Außenbereich für die Schule und als Außenspeisebereich für die Mensa ausgebildet. Über horizontale Glasflächen wird hier der Sportlerflur mit Tageslicht versorgt. Der öffentliche Außenraum verschmilzt an mehreren Stellen des Gebäudes förmlich mit dem Innenraum. Das Foyer, die Längsseiten der Halle und die Südseite des Speisebereiches sind verglast. Eine visuelle Sichtbeziehung zwischen Pausenhof und Sempt lockert das Gebäudevolumen auf und soll eine einladende Wirkung auf Besucher*innen wie auch Schüler*innen ausstrahlen. Das umlaufend auskragende Dach nimmt die Horizontalität der unteren Ebenen auf und verbindet die Mehrzweckhalle und die Mensa zu einem städtebaulichen homogenen Körper. Je drei vorgehängte Lamellen aus Metall bilden ein Band. Zehn Bänder bilden die umlaufende Dachkonstruktion. Die horizontal angeordneten Bänder nehmen sensibel Bezug auf die umliegende Bebauung. Fluchten werden natürlich aufgenommen und an die Funktionalität des Gebäudes übergegeben. An den Längsseiten der Halle dient die Auskragung als baulicher Sonnenschutz. Zum Eingangsbereich laufen die Bänder spitz zu und markieren somit den signifikanten Haupteingang. Im Innenraum setzt sich das Gestaltungskonzept konsequent fort. Der gezielte Einsatz von Holzelementen wie die horizontalen Bänder, das Tragwerk oder die Sitzplätze der Tribüne geben dem Raum einen warmen, freundlichen Charakter und gehen eine symbiotische Verbindung mit den Sichtbetonelementen ein.

Brandschutz

Die neue Feuerwehrzufahrt liegt im Norden zwischen Langbau und Mensa. Eine Wendemöglichkeit ist auf dem Schulhof möglich. Die Brettschichtholzbinder sind so dimensioniert, dass der Brandschutz über Abbrand nachgewiesen wird. Auf jegliche Anstriche, insbesondere Brandschutzanstriche des Tragwerks kann entsprechend dem Brandschutznachweis, trotz Einstufung als Versammlungsstätte, verzichtet werden. Im Brandfall kann die Halle über die beiden baulichen Rettungswege im Norden und im Süden direkt ins Freie entflüchtet werden.

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